Unser Lernobjekt

Unser Studien- und Praxisobjekt ist nichts anderes als unser Körper und unser Geist. Hier lernen wir den Vorgang unseres Körpers und Geistes in jeder Situation kennen. Warum Leiden entsteht? Nach der Erkenntnis Buddhas entsteht das Leiden, weil alle Dinge oder Wesenheiten (dhamma) unbeständig (aniccam) sind. Unser Körper, unser "Mein" und unsere Wesenheit, die wir als "Ich" ergreifen und anhaften, unterstehen diesem Gesetz der Unbeständigkeit. Und weil wir das Verlangen haben, was wir als "Ich und Mein" ergreifen und anhaften, sollen sie nach unseren Wünschen erhalten bleiben, müssen wirleiden (dukkha). Nun wissen wir, dass alle Dinge oder Wesenheiten (dhamma) unbeständig (aniccam) sind, sie werden sich nicht nach unseren Wünschen verändern oder uns gehorchen. Wenn es so wäre, könnten wir, ob wir wollen oder nicht, alle diese Wesenheiten nicht als "Ich und Mein „ergreifen und anhaften. Sie selbst haben also nichts Eigenständiges (anattã).

Unser Körper enthält die vier Grundelemente: Erdelement, Wasserelement, Feuerelement und Luftelement und ist mit fünf materiellen und einem immateriellen Sinnestor ausgestattet. Es sind Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körperempfindung und der Geist (citta), der immateriell ist. Jedes von ihnen ist ein Daseinsbaustein (dhãtu), sie alle haben kein unabhängiges Selbst. Sie sind weder Mann oder Frau, haben also keine unabhängige Existenz. Sie sind alle Dhamma und entstehen in der Abhängigkeit aufgrund der Ursachen und Bedingungen (hetu-paccaya). Nach einer gewissen Zeit vergehen sie wieder und hinterlassen Ursachen für die nächste Entstehung. Darum begegnen wir beim Zuhören oder Lesen der Lehre Buddhas immer wieder diesen drei Begriffen: Unbeständigkeit (aniccam), Leiden (dukkham) und kein Eigenständiges Selbst (anattã).

Unbeständigkeit und kein Eigenständiges Selbst der Wesenheiten verursachen an sich selbst kein leiden, erst wenn wir sie ergreifen und anhaften, entsteht Leiden. Deshalb ist das Endziel der echten Buddhisten das Ende des Leidens (nibbãna) und um dieses Ziel erreichen zu können, müssen wir loslassen. Also was wir in der Praxis tun, ist nichts anderes als das Loslassen zu üben. Alle praktizierenden Buddhisten wissen, dass es sich ziemlich einfach anhört, aber es ist sehr schwierig das Loslassen in die Praxis umzusetzen, vor allem wenn wir einen Haushalt und Familienleben führen. Manche Leute mögen es einfacher haben, aber das sind eher Ausnahmen. Destotrotz müssen wir als praktizierende Buddhisten einfach nur weiterüben, egal wie lange es dauern wird. Eines müssen wir wissen, seit unserer Geburt kennen wir nichts anderes als das Ergreifen und Anhaften. Das "Ich und Mein" als eigenständiges Selbst zu ergreifen und anhaften, konnten wir schon, als wir im Schoss unserer Mutter waren und wer weiss, seit wie vielen Leben schon! Ein Zen Meister hatte mal gesagt "Das Leben ist eine Übung", wie Recht er hat, erfahren wir bei der Praxis. Weiterer Spruch des Zens Meister " Zen Geist bedeutet Anfang Geist". Also müssen wir mit den Übungen immer wieder neu anfangen, solange wir noch nicht so weit mit dem Loslassen sind . Es ist wie mit dem Aufräumen unseres Hauses, wir müssen immer wieder aufräumen, solange der Schmutz noch da ist oder der Schmutz sich nach gewisser Zeit wieder ansammelt. Den Schmutz in unserem Geist müssen wir auch so behandeln. Leider ist der Schmutz im Geist nicht für jeden Mensch überschaubar. Wir können deshalb die Menschen in unserem bekannten Kreis beobachten, denen nicht bewusst ist, dass es auch Schmutz im Geiste gibt und aufgeräumt werden muss, wie sie mit zunehmendem Alter schnell nervös, ärgerlich, stressig, ungeduldig, empfindlich usw. werden.

Die Menschen, die keine praktizierenden Buddhisten sind oder die Lehre Buddhas nur vom Hörensagen kennen, etwa von den Bücher oder von irgendeinem sogenannten Buddhismus Kenner gelesen haben, diese Menschen werden das Loslassen in Sinne der Lehre Buddha nicht verstehen oder falsch verstehen. Es ist normal, dass es Menschen gibt, die dem Buddhismus kritisch gegenüber stehen und jemand hat sogar ein Buch geschrieben und behauptet, dass der Buddhismus doch nicht so friedlich ist, wie man ihn so beschreibt oder hört. Jeder Mensch oder Völkergruppe, die sich als Buddhisten bekennen, sind nicht zwingend echte praktizierende Buddhisten. Gewalt, Unterdrückung und kriegerische Auseinandersetzung können auch unter den Buddhisten, in buddhistischen Länder, ja sogar in buddhistischen Klöster entstehen und es hatte solche Gewalt auch gegeben, aber nicht explizit im Namen Buddhas. Buddha hatte zu seinen Lebzeiten und auch in seiner Lehre niemals Gewalt gutgeheissen. Aber es ist nicht der Buddhismus oder die Lehre Buddhas, die solches Unheil entstehen lassen. Es ist das falsche Verständnis, die Unwissenheit, die Gier, das Verlangen usw., die das Unheil entstehen lassen. Wenn ein Land sich als buddhistisches Land bezeichnet und die Mehrheit der Bevölkerung Buddhisten sind, heisst es nicht automatisch, dass sie die Friedfertigkeit Buddhas besitzen.

Sehr viele Buddhisten, die aufgrund ihrer Vorfahren und Tradition des Landes, Buddhisten geworden sind, besitzen leider nur sehr oberflächliche Kenntnisse im Buddhismus und oft haften sie an den falschen Annahmen. Sie glauben fest daran, dass Buddha sie mit Schönheit, Reichtum und Macht segnen würde, wenn sie eine Opfergabe an Buddhas Statue bringen, und zwar je wertvoller die Opfergaben sind, umso mehr würden sie gesegnet. Kurz gesagt, sich zum Buddhismus zu bekennen, führt noch lange nicht zur Friedfertigkeit Buddhas, diese Friedfertigkeit muss geübt werden. Auch die Mönche sind nicht alle ohne Gier und Verlangen, sie sind auch nur Menschen. Mönchkutten zu tragen, heisst auch nicht, dass Gier, Verlangen, Anhaften und Unwissenheit sofort verschwinden, auch Mönche müssen die Lehre Buddhas in Texten und im Praktizieren üben und wenn sie dieses Prinzip nicht ernst nehmen, sind sie genau so schlechte Menschen wie die Nicht-Mönche. Die Buddhisten, die sich zum Buddhismus bekennen, nur weil ihre Eltern und Vorfahren Buddhisten waren, sind ziemlich anfällig für Urteile und Vorurteile gegenüber dem Fehlverhalten der Mönche, für sie sollten sich alle Mönche nach ihren 227 Regeln verhalten. Deshalb sagen sie sehr oft, dass sie Buddhismus auch nicht ernst nehmen können, weil die Mönche, die sie kennen, die Mönchregeln nicht einhalten. Sie wissen nicht einmal, dass Buddhismus keine Glaubensreligion ist. Es wäre sehr schön, wenn sich alle Mönche an diese 227 Regeln halten könnten. Aber leider sind sie auch nur Menschen mit allen Schwächen und Stärken, manche nehmen die Regeln ernst, manche nicht. Ob wir, Buddhisten, die Lehre ernst nehmen oder nicht, sollte nicht vom Verhalten der Mönche abhängig sein. Es ist natürlich schön und wünschenswert, wenn es Mönche gibt, die sich ihrem Verhalten entsprechend benehmen und uns, Buddhisten, in die Lehre Buddhas detailliert und tiefgründig einführen können. Aber am wichtigsten ist, dass wir ganz entschlossen sind, den Weg Buddhas zu gehen, dann ist das falsche Verhalten der Mönche kein Hindernis mehr für uns. Wenn wir sowieso kein Interesse an der Tiefgründigkeit der Lehre haben, auch wenn Buddha uns persönlich die Lehre lehren würde, würden wir auch keinen Nutzen daraus ziehen können. Alle diese Probleme hatte es schon während den Lebzeiten Buddhas gegeben, vor allem in der Mönchgemeinschaft, deshalb sind die 227 Regeln entstanden. Buddha erliess jede Regel erst, nachdem das Fehlverhalten eines Mönches bekannt wurde.

Egal wie viele Leute Buddha und den Buddhismus kritisieren und herabsetzen, wir sollten uns, echte praktizierende Buddhisten, nicht aus der Fassung bringen lassen. Wir sind Schüler Buddhas, deshalb lernen wir von Buddha, wie wir uns zu benehmen haben, wenn wir ungerecht und herabsetzend kritisiert oder zu Unrecht beschuldigt werden. Buddha würde in solchen Fällen mit vollem Verständnis und Mitgefühl (Mettā) lächeln, aber er würde seine Lehre deswegen nie in Frage stellen oder wiederrufen. Buddha hatte immer betont, blinde Glaubensinhalte sind seiner Lehre fremd. Ihm war zu seiner Zeit damals schon klar, dass die Verkündung seiner Lehre nach seinen Erkenntnissen nicht von allen Menschen verstanden und akzeptiert werden kann. Aber das war auch nicht sein Ziel. Buddha lehrte deshalb nur Menschen, die den Weg Buddhas von sich aus einschlagen wollten. Buddha war kein Philosoph, wie manche Leute gerne behaupten. Seine Lehre ist keine Ideologie, Philosophie, Dogmen oder Theorie. Die Lehre Buddhas ist die Wahrheit von der Existenz der Lebewesen und ihrer Umwelt (dhamma). Diese Wahrheit hatte Buddha durch seine Erleuchtung mit tiefster Einsicht erkennen können. Deshalb soll um die Lehre Buddhas weder gekämpft noch gestritten werden. Niemals soll im Namen Buddhas getötet werden, damit die Leute an seine Lehre glauben müssen.

Der Unterschied zwischen der weltlichen Philosophie und dem Buddhismus kann mit folgendes Vergleich dargestellt werden, Philosophie: Du läufst zwischen den beiden Strassenbahnschienen und siehst in weiter Ferne, dass die beiden Schienen zusammenführen. Du läufst weiter, um herauszufinden, wo und warum die beiden Schienen sich zu einer Strecke vereinen. Das ist die weltliche Philosophie aus der Sicht des Buddhismus.

Buddhismus: Du läufst zwischen den beiden Strassenbahnschienen und nimmst die Gegenwart der beiden Schienen links und rechts von dir wahr, nur diese Wahrnehmung ist dir wichtig, sonst nichts. Das ist Buddhismus oder die Lehre Buddhas (dhamma).

Sicher werden manche Leute uns, echte praktizierende Buddhisten, als Sonderlinge oder Aussenstehende bezeichnen. Wenn wir tief und recht die Lehre Buddhas praktizieren, werden wir nur Verständnis und Mitgefühl diesen Leuten gegenüber empfinden, weil sie die Lehre in ihren absoluten Wahrheiten nicht verstehen können. Wir müssen nur darauf achten, dass bei unserer Praxis niemand zu Schaden kommt, dass Friede in uns, in der Familie und in der Gesellschaft durch unsere Praxis aufrechterhalten bleibt. Sind wir seltsam, weil wir uns nicht schnell ärgern wie die anderen? Weil wir Lebewesen nicht töten oder ihnen Leid antun? Weil wir kein Rauschmittel nehmen? Weil wir nicht streitsüchtig sind, usw.? Das wichtigste für uns ist, dass uns zu jeder Zeit bei jeder Situation und Handlung bewusst ist, dass unser innere Friede gefestigt wird. Wir wissen genau, den Geist zu reinigen und zu kontrollieren ist nicht einfach, aber wir haben ein sehr wirkungsvolles Mittel, die Lehre Buddhas (dhamma). Es liegt an uns, ob wir sie benutzen oder mit einem verschmutzten Geist so weiter leben können. Zwar ist es bequem nicht zu putzen, aber mit dem Gestank zu leben ist auch nicht angenehm.

Buddha lehrte uns das Loslassen, wenn wir die Welt der absoluten Wahrheit noch nicht begriffen haben, werden wir uns fragen "Ich muss sowieso alles loslassen und alles ist nicht Mein, warum soll ich mich im Leben anstrengen? Fleissig sein, arbeiten gehen? Usw. Das Loslassen Buddhas ist nicht so zu verstehen.

Das Loslassen hier bedeutet Ergreifen, Gier, Anhaften loszulassen. Von unserem "Ich" loslassen heisst nicht, dass wir uns nicht mehr um unsere Existenz kümmern oder aufgeben. Es bedeutet, dass wir das Vergleichen und die Bewertungen, die zum Leiden führen, loslassen. Was sind Vergleiche und Bewertungen? Es gibt drei Arten von diesen Vergleichen und Bewertungen.

Wenn jemand auf gleichem Niveau steht, empfinden wir dies als Konkurrenz. Deshalb möchten wir besser sein, also leiden wir.

Wenn jemand über unserem Niveau steht, entwickeln wir Minderwertigkeitskomplexe und Eifersucht also leiden wir.

Wenn jemand unter unserem Niveau steht, sind wir stolz auf uns selber und haben eine herabsetzende Haltung der Person gegenüber, haben trotzdem Angst, dass wir auf das gleiche Niveau fallen, dadurch entsteht auch Leiden. Wir sehen, das "Ich" allein als Begriff ist nicht leidend, aber die Ichbezogenheit bringt Leiden. Das Loslassen vom "Mein" heisst nicht, dass wir Personen in unserer Familie nicht lieben oder uns nicht um sie kümmern sollen. Aber unsere Liebe und Fürsorge muss Verständnis beinhalten. Die Liebe und die Fürsorge, die voll mit Anhaften, Verlangen und Bedingungen verbunden sind, können nur zu Leiden führen. Was heisst Liebe und Fürsorge mit Verständnis? Das sind Handlungen mit wohlwollender liebender Güte(mettã), der Gutherzigkeit (karunã) und der Akzeptanz von der Wesenheit der Dinge, dass sie so sind, wie sie sind (upekkhã).

Um das Ergreifen und das Anhaften (upādāna) loslassen zu können, müssen wir verstehen, wie sie zustande kommen. Buddha hatte das Ergreifen und das Anhaften in vier Arten aufgeteilt:

1. Das Ergreifen und das Anhaften an Sinnlichkeit, an begehrenswerten Objekten (kãmūpādāna). Diese Art des Ergreifens und des Anhaftens entsteht durch die sechs Sinneswahrnehmungen, Form und Farben durch das Sehen, Klänge durch das Hören, Düfte durch das Riechen, Geschmäcke durch die Zunge, körperliche Annehmlichkeit oder Unannehmlichkeit durch Berührungen des Körpers und geistige Wahrnehmung von Bildern aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sowie alle Gedanken, Einbildungen aus der äusseren und inneren Welt. Alle diese Sinnesobjekten, die uns angenehm und begehrenswert erscheinen, wollen wir unserem Verlangen und Gier entsprechend besitzen und je mehr wir davon haben, umso mehr Begehren und Ängste haben wir. Wir haben Angst, dass uns diese Sinnesobjekte verloren gehen würden. Das Ergebnis ist unendliches Leiden. Alle Sinnesobjekte, die uns unangenehm sind und Schwierigkeit bringen, möchten wir nicht haben, wir hassen sie. Also ergreifen und haften wir sie an den Hass, an das Nicht-Habenwollen, deswegen leiden wir auch in diesem Fall.

Die Sinnesobjekte haben starken Einfluss auf unser Leben. Sie bestimmen, ob wir glücklich, zufrieden oder unglücklich sind. Das Ergreifen und Anhaften an den Sinnesobjekten können die erleuchteten Personen (arahat) nicht mehr. Wir, die Weltlinge, müssen sie unter Kontrolle haben, sonst fallen wir tiefer und tiefer in die Grube des Leidens, sodass wir niemals wieder herauskommen können. Die Ursache von Mord, Selbstmord und aller Arten der Depressionen haben ihre Ursprünge im Ergreifen und Anhaften (kãmūpādāna) an Sinnesobjekten, weil die Kontrolle über sie nicht mehr vorhanden ist.

Die Kontrolle über das Ergreifen und Anhaften an den Sinnesobjekten haben mehr oder weniger alle gewöhnlichen, normalen Menschen, unabhängig von ihren Religionen, auch die Religionslosen, sonst wären alle verrückt und begingen Selbstmord. Aber wir können unsere Mitmenschen beobachten, wie fest sie die Kontrolle darüber haben.

Wie können wir das Ergreifen und Anhaften an den Sinnesobjekten (kãmūpādāna) bewusst kontrollieren und dadurch das Loslassen üben? Wir, praktizierende Buddhisten, gehen über diese Kontrolle hinaus bis zum totalen Loslassen. Wir üben bei jeder Handlung im Alltag achtsam und konzentriert zu sein und unseren Geist in der Gegenwart verweilen zu lassen. Dabei ist die Meditation eine sehr wirksame Hilfe. Sie hilft uns zu erkennen, dass unser Geist dauernd in Pendelbewegung ist, entweder haftet er an der Vergangenheit, zu der wir mit den Sinnesobjekten Kontakt hatten, oder er ergreift die Zukunft, die wir uns einbilden. Es gelingt uns sehr selten in der Gegenwart zu verweilen und diese Gegenwart ist die rechte Achtsamkeit. Deshalb je mehr Achtsamkeit wir besitzen, umso mehr können wir in der Gegenwart verweilen. Mit der Zeit können wir durch die Achtsamkeit den Geist ohne Teilnahme beobachten, wie er hin und her pendelt. Einen solchen Zustand nennen wir im Buddhismus, das ruhig fliessende Wasser im Fluss beobachten.

2. Das Ergreifen und das Anhaften von Meinungen und Ansichten (ditthūpādāna). Es ist natürlich, dass wir Meinungen und Ansichten gegenüber allen Dingen haben, die uns begegnen und in den Sinn kommen. Das Problem liegt darin, dass wir unsere Meinungen und Ansichten für die einzig Richtige halten, die überhaupt nicht mit der Wirklichkeit der Dinge zu tun haben. D.h. Unsere Meinungen sind vorgefasste Meinungen, aufgrund vom Hörensagen oder logischer Folgerung, die wiederum aus falschem Verständnis und Glauben entspringen. Dieses Ergreifen und Anhaften ist genauso gefährlich wie das Ergreifen und Anhaften an Sinnesobjekten. Es gibt von der Vergangenheit bis zur Gegenwart genügend traurige Beispiele, wie Hass, Verfolgung und Ermordung von Andersdenkenden, Andersgläubigen und anderen Rassen. Viele Kriege wurden aufgrund von verschiedenen Religionen und Ideologien geführt.

Deshalb empfiehlt uns Buddha unsere Meinungen und Ansichten immer wieder zu überprüfen, ob sie wirklich richtig sind. Als praktizierende Buddhisten müssen wir in der Lage sein, falsche Meinungen und Ansichten zuzugeben und zu korrigieren. Das Empfinden der Schwäche führt nur noch mehr zu Leiden. Das Anhaften an vergangenen Meinungen, wie zum Beispiel " hättest du gemacht, was ich gesagt habe, wäre die Sache nicht so schlecht gelaufen" führen auch oft zum Missverständnis und zu mehr Leiden. Denn jedes Mal, wenn wir an unsere nicht befolgten Meinungen denken, spüren wir nur den Ärger in uns, den wir wiederum auf unsere Mitmenschen übertragen. Es ist in Ordnung, dass wir unsere Mitmenschen darauf Aufmerksam machen, dass unsere Meinungen richtig waren, aber darauf rumzureiten, was es sowieso nicht mehr rückgängig machen wird, führt nur zu mehr Leiden.

3. Das Ergreifen und das Anhaften an Aberglauben, Ritualen und sinnlosen Traditionen (sīlabbattūpādāna). Bestimmte Handlungen und Rituale, die das Leben und Gesundheit von Mitmenschen gefährden oder zur Tötung von anderen Lebewesen fordern, führen zum Leiden. Sie sind ein Hindernis zum Loslassen. Leider sind in den buddhistischen Ländern der Aberglaube, Rituale und sinnlose Traditionen an der Tagesordnung, sehr oft werden sie auch von den Mönchen verbreitet und gefordert. Manche dieser Buddhisten glauben fest daran, dass wenn sie das Bild Buddhas mit gewissen Sprüchen auf ihren Körper tätowieren lassen, werden sie vor Unheil oder bösen Geister geschützt und sie wären sogar unverwundbar. Mit solchen Glauben an Unverwundbarkeit und übernatürlichen Kräften wurden manche zu Gangster und Räuber. Manche glauben, dass das Wasser, das die Mönche während der Rezitation der Lehre Buddha vor sich halten, Heilwirkungen hat und sie sogar vor Unglücke und Krankheiten schützt. Diese Praxis führt leider zum falschen Bild des Buddhismus und falschen Verstehen der Lehre Buddhas. Buddha lehrte ihnen das Loslassen und sie praktizieren das Gegenteil und nennen ihre Praxis dennoch Buddhismus. Der Schutz vor Unglück und Bosheit ist die Entwicklung des Friedens in sich selbst und das Üben des Nicht-Ergreifen und des Loslassens. Ausserdem entgeht niemand den Krankheiten, sogar Buddha war zu seinen Lebzeiten ab und zu krank und brauchte auch einen Arzt und Medikamente. Wir, die echt praktizierenden Buddhisten, sollen uns vor diesen Aberglauben, Ritualen und sinnlosen Traditionen hüten, sonst verkommt unsere Praxis auch zu diesem Neobuddhismus, der überhaupt nichts mit der Lehre Buddhas zu tun hat.

4. Das Ergreifen und das Anhaften an das eigenständig existierende Selbst (attavãupādān) sind eben das Festhalten an das "Ich" und "Mein" und am schwierigsten zu verstehen, zu akzeptieren und loszulassen. Darum müssen wir üben und dafür ist hier das tiefgreifende rechte Verstehen der Lehre Buddhas das wirkungsvolle Hilfsmittel für diese Übung, die wir in der Praxis geduldig Schritt für Schritt umsetzen. Das Festhalten an das "Ich" und "Mein" existiert in jeden Wesenheiten. Der Instinkt sich zu schützen, zu überleben, sich zu vermehren usw. entspringen aus dem Anhaften an das "Ich" und "Mein" und dieser Instinkt, wie schon einmal erwähnt worden ist, haben wir schon, seit wir im Schoss unserer Mutter waren. Daher ist das Ergreifen und Anhaften an das "Ich" und "Mein" so selbstverständlich und automatisch, es führt einfach zur Gewohnheitsenergie und zu einem festen Glauben, dass ein eigenständiges "Selbst" existiert. Buddha sagte, dass der Glaube an einem eigenständigen "Selbst" die Hauptursache des Leidens ist. Wenn wir alle Handlungen der Menschen im Alltag beobachten, merken wir, dass die Selbstbezogenheit irgendwie, offensichtlich oder subtil, bewusst oder unbewusst, die Handlungen der Menschen antreibt. Jeder ist dadurch der oder die Hauptdarsteller-in seines / ihres / Selbst. Alle Aktionen und Reaktionen werden dann zur Persönlichkeit und bei dieser Persönlichkeit dreht sich alles nur um Glück und Unglück, Wohlsein und Unwohlsein, Gewinn und Verlust, Ruhm und Misskredit. Auf der positiven Seite ergreift uns Stolz und das Verlangen, auf der negativen Seite stossen wir die Beleidigung und die Widrigkeit ab. Auch wenn wir meinen, dass unsere Handlungen der Allgemeinheit dienen, wenn sie mit Erwartungen und Wünsche verbunden sind, wird unsere sogenannte Selbstlosigkeit in einer Selbstbezogenheit umwandern. Deshalb kann das Ergreifen und das Anhaften an das eigenständige existierende Selbst (dattavãupādāna) über Krieg und Frieden, Leben und Tod entscheiden.